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  600 RAIDS

Welche Bilder der Gewalt bleiben in uns?

Wie leben sie mit uns, wie leben wir mit ihnen?

 

Die slowakischen Roma, die die größte ethnische Minderheit in der Slowakei bilden, sind die am stärksten von der sozialen Ausgrenzung und dem eskalierenden Rassismus im Land betroffene Gruppe. Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte dessen, was nach der erlebten Polizeigewalt geblieben ist. Das Trauma lebt auf, ebenso wie die Albträume, in denen die Gewalt neu erlebt wird. 

Wir stellen die Geschichten der Überlebenden von Polizeigewalt vor und zeigen, wie diese Traumata ihre Identität als Roma und ihre Beziehungen prägen.  ​Wir legen das Nonverbale ein, das die Gewalt hinterlassen hat. Es handelt sich um die Aggression von Kindern, die eine Polizeirazzia in ihrem Spiel reproduzieren, die Schwierigkeit, das Verhalten eines Erwachsenen zu verstehen, mit dem ein Kind durch eine Beziehung verbunden ist, bis zu die Aneignung von Reaktionen der Erwachsenen.  Denn etwas im Spiel zu wiederholen, ist auch ein Weg zum überleben.

Gleichzeitig gehen die Geschichten über Zeit und Raum einer Polizeizelle, einer segregierten Siedlung und eines Landes hinaus. Es entsteht ein Mosaik des altäglichen Rassismus, das nicht nur das individuelle, sondern auch das kollektive Trauma der Roma und Romnja in Europa zeigt.

Der Film zeigt auch die Sehnsucht nach einem besseren Leben. Aber ist dieser Traum überhaupt möglich an einem Ort, an dem die Täter gar nicht oder nicht gerecht bestraft wurden, immer noch eine Polizeiuniform tragen und unerschütterliche Autorität unter der weißen Mehrheitsbevölkerung genießen?

Während Igors Neffen Polizeikommando spielen, bewundert Patrik die Narben seines Ersatzvaters Peter. Wie soll man den Kindern erklären, was sie als Roma in der slowakischen Gesellschaft erwartet?

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Eine Polizeirazzia zerstörte Igors Traum, das Gymnasium abzuschließen und einen Ausweg aus seiner segregierten Siedlung zu finden. Als derjenige, der in den slowakischen Medien zum Sprecher der verprügelten Roma wurde, fürchtet Igor, von der Polizei erkannt und erneut verprügelt zu werden.

Persönliches Statement
und visueller Zugang

Ich erfuhr von der Polizeirazzia in Moldava nad Bodvou vor fünf Jahren, am Tag ihres fünften Jahrestages, aus der Zeitung. Es war die größte Razzia, die bis heute dokumentiert wurde. Die Razzia wurde unter dem Code "Suchaktion 100" durchgeführt. Es wurde nach Personen und Gegenständen gesucht, aber sie endete erfolglos, da niemand und nichts gefunden wurde. Zurück blieben nur verprügelte Menschen, Traumata und eine Anklage wegen Meineids, dass die Verprügelten selbst die Razzia fabriziert hätten. Außerdem wurden seither hunderte solcher Razzien unter Code 100 registriert.


Da ich aus der Slowakei komme, weiß ich, dass Rassismus dort weit verbreitet ist und gesellschaftlich akzeptiert wird. Die rassistischen Äußerungen führender Politiker, die die Geschlagenen sofort als Lügner und unangepasste Staatsbürger hinstellten, die die Schläge sogar verdient haben könnten, haben mich zutiefst berührt, und deshalb habe ich beschlossen, meine Recherchen zu beginnen.

In 600 Razzien, wir dringen zur Essenz dessen vor, was geblieben ist - Narben, Albträume, Flashbacks, Angst, Scham, Schweigen, körperliche Reaktionen, durch die das Trauma wieder durchlebt wird, ohne die Möglichkeit, es in einem sicheren Raum zu verarbeiten. Ich habe beschlossen, die Protagonist:innen nicht zu interviewen, sondern ihren aktuellen Geschichten und Kämpfen so nahe wie möglich zu kommen. Die Härte des Lebens, zusammen mit den traditionellen gesellschaftlichen Erwartungen an ihre Rollen, hat ihnen weder Trost noch Ermutigung zum Reden gegeben. Ihre Verwandten haben auch gelernt, nicht zu fragen. Wir werden versuchen, einen geschützten Raum zum Sprechen zu schaffen, wobei wir sie entscheiden lassen, ob sie ihn nutzen wollen oder nicht, und wann. 

Wir kommen ihnen in Situationen näher, die gleichzeitig das tägliche Bemühen, die Familie zu versorgen, sowie die Welt der Kinder bestimmen. Näher heranzukommen bedeutet für uns jedoch nicht, eine privilegierte Position mit der Kamera von vorne zu gewinnen und einzunehmen. Unsere Kamera ist präsent, aber manchmal tritt die Kamerafrau Marie Zahir zurück, um die Intimität der Situation zu bewahren, in der sich die Protagonist:innen befinden und die sie brauchen. 

Wir entdecken die Bedeutung dieser Situationen, indem wir uns mit der zweiten, magischen Ebene der Erzählung auseinandersetzen. Wir konzentrieren uns auf die unbewusste Ebene der Träume, die die einzige Ebene ist, in der wir mit einer Beschreibung von Gewalt konfrontiert werden. Diese Träume werden auf einer Tonebene erzählt und sind das Ergebnis von mehr als einem Jahr, in dem ich die Protagonist:innen begleitet und ihre Träume aufgezeichnet habe. In den Träumen tauchen maskierte Polizisten auf und die Gewalt wird noch ein weiteres Mal erlebt.

   Team

Recherche, Buch und Regie: Kristina Leidenfrostova

Kamera: Marie Zahir

Ton: Natalia Jancova

Dramaturgie: Jo Schmeiser

Produzent:innen: Alice Karasek, Jürgen Karasek (AT), Matej Sotnik (SK)

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Ji.hlava New Visions Forum 2023

Der Film wurde in Jihlava (CZ) als einer von vierzehn kommenden europäischen Dokumentarfilmen zum ersten Mal öffentlich vorgestellt, und zwar in Form eines Pitches durch das Regisseur-Produzenten-Paar sowie einer Vorschau auf der Hauptbühne des Industry HUB und in der Online-Koproduktionsmarkt-Datenbank. 

Die Entwicklung des Films wurde unterstützt: 

Fertigstellung: 2025

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Spendenaktion fürs Dach für unseren Protagonisten Eduard (links)

Eduard kann als Rom in der Gegend nur Schwarzarbeit finden, die sehr schlecht bezahlt ist. Deshalb wollen wir 2000 Euro für ein neues Dach für die Hütte sammeln, unter Eduard, seine Eltern und seine 19 Geschwister leben. Es wird Material gekauft und der Baumeister von der Community fair bezahlt. Unten findest du einen Link zur slowakischen Spendenseite. Du kannst auch auf mein Konto spenden:

IBAN: AT20 2021 6217 3596 2300

BIC: SPHBAT21XXX

KONTOINHABERIN: KRISTINA LEIDENFROSTOVA

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